Hüttenwirt ganz unerwartet… so schnell kann´s gehen!

Hüttenwirt ganz unerwartet… so schnell kann´s gehen!

6. September 2018 5 Von berniepiko

Für ein paar Tage Hüttenwirt sein…
oft haben wir (Mario und Bernie) drüber nachgedacht, doch dass wir das so schnell auch erleben, war uns nicht klar.

Doch hier die Chronik:

Die Hugo Gerbers Hütte (2355m) wird im Sommer freiwillig und ehrenamtlich bewirtschaftet. Wir kennen keine andere Hütte, die so betrieben wird und nur so betrieben werden kann, denn sie ist eben sehr entlegen und liegt im Mitten der Kreuzeckgruppe doch an einer wichtigen Stelle als Etappenziel zweier Wanderwege: Hier kreuzen sich der Kreuzeck-Höhenweg und der Weitwanderweg von Salzburg nach Triest. Also hat diese Hütte besonderen Schutzhüttencharakter. Geschäft macht ein Hüttenwirt hier wenig, weshalb die ÖAV-Sektion des Wiener Gebirgsvereins die Bewirtschaftung seit 1988 ehrenamtlich bewerkstelligt – genial und einzigartig – zumindest kennen wir kein ähnliches Projekt.

Donnerstag, 30.08.2018:
Wir haben mit Gerhard, dem Hüttenwart und „Mann für alle Fälle“ vereinbart, dass wir ihm bei Bau eines Holzlagers helfen – geplant ist der Aufenthalt bis Sonntag… Bis zur Ankunft wussten wir, was zu tun war und dass sich Gerhard erst am Samstag bei der Hütte einfinden würde: Kein Problem für uns: die Hütte ist gemütlich, wir beziehen unser Lager, plaudern mit dem derzeitigen Hüttenwirt Michael. Er ist Lehrer in Wien und bewirtschaftet die Hütte noch bis Sonntag, ein paar ehemalige SchülerInnen und ein befreundetes Paar sind zu Besuch. Wir nützen das passable Wetter und machen eine kurze Gipfelrunde… um bei unserer Rückkehr vor vollendeten Tatsachen zu stehen: Wir erfahren von Michaels Freunden, dass er abrupt abreisen musste und die beiden auch am Freitag Früh wieder ins Tal absteigen… die Hütte braucht also bis Sonntag einen (oder eben zwei) Hüttenwirte: UNS

Die Entscheidung müssen wir gar nicht lange überlegen, wir haben ohnehin den Aufenthalt bis Sonntag geplant und bekommen von Babsi und Stefan einen Schnellsiede-Kurs zur Hugo Gerbers Hütte (HGH) – Kochen, Abwachen, Getränkelogistik, Abrechnung etc.
Wir beherbergen ca. 15 Leute in dieser Nacht, die alle ein feines Abendmenü und natürlich die dazu passenden Getränke bekommen. Nach den obligaten Hüttengespächen und -spielen wird um 22.00 Uhr die Bettruhe ausgerufen: „Gute Nacht, John-Boy – gute Nacht, Mary-Ann“

Freitag, 31.08.2018:

Tagwache um 06.30 Uhr: um 07.00 Uhr gibt´s Frühstück für alle: Wir heizen den Herd ein, der zieht fürchterlich schlecht und raucht… das kommt schon mal auf unserer TODO-Liste. Frühstück besteht aus Kaffee/Tee, Müesli sowie Brot und Marmelade, Käse, uvm… Bergsteigerfrühstück eben, Teewasser für den Marsch der Weitwanderer natürlich inkl.! Nachdem sich der Großteil der Gäste, darunter auch unserer „Einschulenden“ Babsi und Stefan bei sehr bescheidenem regnerischen Wetter auf den Weg gemacht haben, bleiben wir mit der netten Wiener Maturantenrunde auf der Hütte… und nun ist es amtlich: Die Hütte gehört uns… komisches Gefühl irgendwie, dass wir das Vertrauen bekommen, hier einfach so schalten und walten zu können. Ein Vertrauen, dass uns motiviert! Die Wiener Jugend wird eingespannt und hilft mächtig mit, Wasser muss an der Quelle geholt werden (kein fließend Wasser in der Hütte), die Lager alle kontrolliert, Holz gehackt und zu den Öfen gebracht werden so vergeht der Vormittag wie im Flug. Das Wetter ist schlichtweg eine Katastrophe und wir rechnen nicht mit Besuchermassen, doch wir unterschätzen die hart gesottenen WeitwanderInnen: Da kommen ab Mittag doch einige aus dem Regen und Nebel und stolpern patschnass aber glücklich durch die Türe: Mario und ich haben natürlich mit Babsis Kuchen, den sie uns gestern noch gebacken hat und mit einer kräftigen Portion Schlagobers, einem warmen Kaffee oder Tee und einem Lächeln das richtige Rezept parat, unsere Gäste etwas aufzumuntern. Der knisternde Ofen im Gastraum, über dem rasch die nassen Sachen zum Trocknen aufgehängt werden, tut sein übriges. Die Motivation steigt schnell… und am frühen Nachmittag wird erst mal ein kräftiges Supperl gekocht. Wer jetzt noch nicht aufgewärmt ist, wir vom „Zirberl“, den Mario mitgebracht hat, verwöhnt.

Abends wird essenstechnisch etwas improvisiert: Nudel und Tomatensauce – wobei wir zugeben: die Sauce war zu Mittag noch Tomatensuppe und wurde nur etwas aufgemotzt. Aber weggeworfen wird bei uns nichts und Hunger ist der beste Koch! Wieder ein lustiger Abend mit sehr netten Plaudereien und doch einigen Handgriffen, die zu tun sind – vor allem das Abwaschen ist mit den Wäschewannen und jedem Liter Wasser, den man am Herd heiß machen muss, eine ordentliche Herausforderung für Geschirrspüler-Hausmänner wie uns.

Somit sind wir dann auch selbst über das obligate Zirberl froh…

Ehe wir uns versehen geht’s um ca. 22.00 Uhr wieder in die Betten, denn das Frühstück ist wieder um 07.00 Uhr von den Gästen gewünscht – die wollen ja zeitig wieder losmarschieren.

Samstag, 01.09.2018

Wir optimieren unsere Logistik – Frühstück ist schnell hergerichtet und alles geht schon richtig locker von der Hand. Nur der Herd spielt nach wie vor nicht ganz mit und raucht, ohne dass er ordentlich Hitze gibt: Warte nur, Bursche, du kommst auch noch dran: Wir nutzen die Ruhe am Vormittag und zerlegen das Ding komplett, reinigen die Luftzüge und das verrußte Ofenrohr… und unserer Freude darüber können wir nicht verheimlichen, seht selbst:

Jetzt können wir arbeiten, denn jetzt haben wir die Hitze, die wir brauchen, um unsere Funde in der Speisekammer für heute Abend auch ordentlich zu verwerten: Einen Selchroller, Sauerkraut, die letzten Kartoffeln und jede Menge Zwiebel… und Mario liebäugelt mit dem Vanillepudding und dem Himbeersaft.
Es hat sich eine größere Gruppe von Dänen angekündigt und ihnen möchten wir heute auch typisch österreichische Gerichte bieten. Die Hütte wird mit Waren nur am Saisonstart mit dem Hubschrauber versorgt, also muss man mit den haltbaren Speisen gut auskommen und alles verderbliche auch zeitgerecht verkochen. Nach Betrachtung der Lagerbestände und durch den täglichen Wechsel der Gäste könnten wir wahrscheinlich 2 Jahre lang täglich Chili con carne aus der Dose kochen und niemand würde es merken… aber wir suchen ja die Herausforderung und starten unseren Herd, um alle 15 Gäste zu verwöhnen:

Die Wünsche der Gäste nach einem ordentlichen Nachschlag und die zufriedenen Gesichter waren uns ein Genuss, wie der ganze Aufenthalt und der „Dienst“ in der Hütte…

Sonntag, 02.09.2018

Wahnsinn, wie schnell die vier Tage hier im absoluten Nirvana, fernab der „normalen Welt“ inmitten der lieben Leute vergehen: das letzte Frühstück steht am Plan und weil wir ja „unseren“ Herd so liebgewonnen haben, gibt´s Palatschinken: Eine Zucker-Orgie für alle, Fülle mit Marmelade oder Nutella…

Und mit all dem Zucker im Blut und weil das Wetter sich anbietet, starten wir noch schnell aufs Hochkreuz, um wenigstens noch einen ordentlichen Gipfel zu kassieren.

Zu Mittag noch ein Supperl hergerichet und dann wird gepackt und langsam der Abstieg angetreten: beim Auto treffen wir noch den Hüttenwart, der unser Amt übernimmt und berichten über den Status… und melden uns schon mal für kommende Einsätze auf der HGH an – der Hütte die fast keiner kennt. Wie eine Wanderin es treffend formuliert hat: die Hütte hat einen „Drei-Stunden-Gehzeit-Idiotenfilter“, hier treffen sich nur Leute, die zusammenpassen und einfach das urige und pure Naturerlebnis genießen – und so soll es bleiben.

DANKE an das Team vom Wiener Gebirgsverein, allen vorab Gerhard als Zuständiger für das Vertrauen, auch an Michael, Babsi, Stefan, Elena, „Wiener“ und die ganze Runde fürs Helfen, Anders und alle lustigen Gäste für die tollen Momente – und natürlich Danke an meinen Buddy Mario für die geniale Idee!

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